Diese Seite soll auf die schwierige Situation vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland aufmerksam machen. Die meisten "Nachwuchswissenschaftlerinnen" und "Nachwuchswissenschaftler" sind mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftig. Als "Nachwuchs" zählt man dabei schon mal bis Mitte vierzig, also in etwa sein halbes Berufsleben. Rechtlich möglich wird dies durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Dieses regelt ein Sonderbefristungsrecht für Wissenschaftler. Das heißt, es ermöglicht es Wissenschaftler über viele Jahre befristet zu beschäftigen, in Situationen, in denen eine befristete Beschäftigung für alle anderen Arbeitnehmer in Deutschland nicht zulässig ist. Jeder Unternehmer und jede Behörde untersteht strengen Regelungen und muss seine Angestellten (bis auf wenige Ausnahmen) unbefristet, das heißt dauerhaft anstellen. Nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dürfen aufgrund eines nur für sie geltenden Gesetzes befristet werden.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung erstellte 2018 ein Erklärvideo in dem die fiktive Wissenschaftlerin Hanna vorgestellt wird. Im Video des Bundesministeriums werden die angeblichen Vorteile des Befristungswesens vorgestellt. Laut dieser erzählweise "verstopfen" Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit regulären Arbeitsverhältnissen nur die Universitäten. Inzwischen wurde das entsprechende Video gelöscht, ist aber in Archiven weiterhin einsehbar.

Als Reaktion auf das oben erwähnte Video haben zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre eigenen Geschichten über Ausbeutung und Perspektivlosigkeit im Deutschen Wissenschaftssystem unter dem Motto #IchbinHanna erzählt.

Ich bin Rüdiger, 34 Jahre alt, und seit 2016 am Institut für Physik der Universität Greifswald als wissenschaftlicher Mitarbeiter befristet beschäftigt. Ich nehme Aufgaben in Forschung und Lehre wahr. Zu meinen Lehraufgaben gehören Lehrveranstaltungen zu Themen wie "klassische Mechanik", "Elektrodynamik" oder "Thermodynamik". Diese werden an den meisten Deutschen Universitäten vermutlich schon seit über 100 Jahren so durchgeführt und vermutlich werden sie auch in den nächsten 100 Jahren so durchgeführt werden. Mein Arbeitgeber vertritt allerdings die Auffassung, dass solche Lehraufgaben per se keine Daueraufgaben darstellen. Aus meiner Sicht ist davon auszugehen, dass nach Ablauf meines befristeten Arbeitsvertrags eine andere Wissenschaftlerin oder ein anderer Wissenschaftler befristet eingestellt werden wird, die oder der sowohl in der Lehre, als auch in der Forschung den gleichen Aufgaben wie ich nachgehen wird, bis auch ihr oder sein Vertrag enden wird und diese "nicht dauerhaften Aufgaben" dauerhaft von wechselnden befristet beschäftigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wahrgenommen werden.

Auch #IchbinHanna.